Wie kommt man zu einem blinden Hund und wie geht das zu Hause?
Der Blinde kam ohne die Information, daß er schlecht sieht aus Irland. In einer der ersten Nächte ist er dann
gegen den Kaugummiautomaten draußen beim Nachbarn gelaufen - wer rechnet schon damit, daß der Hund den
nicht sieht...
Wir waren dann bei einem auf Augenkrankheiten spezialisierten Tierarzt der eine
PRA (progressive retinal Arthrophie)diagnostiziert hat. Also eine fortschreitende Zersetzung der Netzhaut. Es hat geheißen, daß er wohl nicht mehr
besonders viel sieht, aber mehr als heute war es ganz sicher. Man merkt ja dann Veränderungen im Verhalten
schon, wenn man das täglich erlebt.
Damals hatte ich die Prinzessin schon gut ein Jahr und ich denke sie fand den etwas groben, naiven Kerl nicht
nur toll, hat sich aber immer sehr gut und auch extrem nachsichtig ihm gegenüber verhalten. Ob das nur mit
der Blindheit zu tun hat, bezweifle ich - sie sind vom Wesen recht unterschiedlich und ihr wäre wohl ein etwas
gesetzteres Modell lieber gewesen und ich glaube, daß er so eindeutig die Führung beansprucht hat, fand sie
schon sehr dreist. Aber Ärger hatten sie nie wirklich. Er hat da keine Fragen aufkommen lassen
Der Bube hat sich stückweise eingelebt, mit der restlichen Sicht auch so manches Komando noch verbinden
können (zum Beispiel gibt es ein Wort für
rauf und eines für
runter als Ankündigung für Stufen bei
uns. Eines für im Notfall
sofort stehen bleiben. Eines für
langsamer werden... Viel davon hat sich
einfach im normalen Alltag als notwendig erwiesen, um z.B. den Freilauf vernünftig regeln zu können. Ich
staune manchmal sehr, wo überall Gefahren lauern können. Man sieht vieles mit ganz anderen Augen, wenn
man für einen blinden Hund mitdenken muß, der eigentlich noch in der Blüte seiner Kraft steht.
Der Azi kam dann als Welpe dazu, war gerade mal 3 Monate und der Blinde hat sich bereit erklärt, den kleinen
Kerl sogar unter seine Decke zu lassen - das wäre vorher undenkbar gewesen mit einem anderen Hund.
Die Übergangszeit war aber schon zum Acht geben auch wenn sich die Buben hervorragend verstanden haben.
Der Blinde konnte einfach sehr ungehalten reagieren auf Störungen, was ein Welpe ja ständig tut. Aber ich hab
grad wieder ganz lustige Spielszenen auf den Fotos von damals durchgeschaut - sie waren echt wie eine junge
Familie die drei... jeder ist in seiner typischen Rolle völlig aufgegangen.
Ich habe dem Blinden ganz deutlich die Position des führenden Hundes unterstützt - der Azi war und blieb erst
mal deutlich das Kleinteil hier (für einen Azi nicht immer einfach, mir aber sehr wichtig gewesen einfach vom
Verhalten her die Greys in den leitenden Positionen zu haben bis der Azi voll erwachsen ist).
Mittlerweile ist das Verhältnis so, daß der Graue langsam älter wird, der Azi deutlich selbstbewußter und dann
gibt es immer mal so Momente, wo der Azi sich eines spielt damit, daß er den Blinden mit einem Probealarm ins
Boxhorn jagen kann :lol:
Manchmal meint der kleine Hofnarr jetzt, er könne sich so richtig wichtig machen, was noch nicht so recht
funktionieren will. Ich denke in ein zwei Jahren werden sie die Machtposition vielleicht tauschen.
Alles in allem ist jeder in seine Aufgaben passend zu den eigenen Qualitäten hineingewachsen und da gibt der
Blinde die Sicherung nach außen beim Spaziergang gerne mal an den Hofnarren ab und unterstützt dessen
Alarm dann (wenn ich das nicht zurückrufe), behält sich aber zu Hause die Machtposition ohne an Rückzug
zu denken. Ärger haben sie alle nicht miteinander - auch wenn der Blinde mal wieder den vor ihm stehenden
anrempelt, weil er nix begriffen hat. Damit das so bleibt versuche ich aber schon, da möglichst oft recht-
zeitig was zu sagen, damit es nicht überhand nimmt.