Na ja sicher hat sich viel geändert in den vergangenen 30 Jahren - wäre ja auch peinlich, wenn unsere neuen Möglichkeiten der Kommunikation nicht auch wirklich etwas bringen würden! Steckt doch ein Haufen Geld und Zeit drinnen!
Die Erziehungsmethoden von anno Tobak sind gründlich durch den Fleischwolf gedreht , zu einem etwas eigenartigen Brei verarbeitet und wenn man die richtigen Berater findet doch gut überarbeitet worden. Viel ist nur Brei - von denen mit Ahnung kann man aber heute doch viel mehr lernen als noch vor 30 Jahren. Das Wissen um die Mechanismen hat uns deutlich weiter gebracht. Ich wäre da gerne noch viel schlauer, aber leider hab auch ich nicht mehr als 24 Stunden am Tag und das beschränkt eben.
Auch in der Zucht hat sich viel geändert - und leider dort nicht nur zum Guten.
Man testet mehr auf bekannte Erbkrankheiten, züchtet aber so viel weniger, daß von der Möglichkeit zu selektieren nicht mehr so viel übrig geblieben ist. Tierschützer glauben, man könne Zucht auf wenige Würfe reduzieren und die "wirklich gut" machen - das ist ein netter Gedanke und hat auch sicher einen heren Ansatz - nur ist das in der Realität eines Genpool eben utopisch.
Wäre Zucht eine so einfache Rechenaufgabe, wäre es kein Problem nur noch Champions zu züchten - das ist albern!
Wesensmängel sind eine "unerwünschte Nebenwirkung", wenn man nicht mehr ausreichend selektieren kann (und wenn man dann noch auf Aussehen statt Wesen züchtet/kauft wird es noch schlimmer; es gehören zur Zucht immer Angebot UND Nachfrage..). Klar, daß wir unter diesen Bedingungen mehr Verhaltensprobleme unserer Hunde zu bewältigen haben.
Vielleicht ein Grund, der mich den Renngrey in so sehr anderem Licht sehen läßt als viele andere Tierschützer.
Der wird nach wie vor auf Leistung und Wesen gezüchtet -
weil:
wenn das Wesen nicht paßt, der Hund auf der Rennbahn rauft statt lauft -
das kann man da nicht brauchen. Dazu braucht man aber VIELE Hunde, um da ordentlich Auswahl zu haben in der Zucht. Sowas hört im Tierschutz heute kaum jemand gerne, wo doch die Auffangstation überquillen vor lauter vernachlässigter Kreaturen und man glauben könnte, es gäbe wirklich genug Hunde.
Wie gesagt - so simpel ist Zucht nicht, sonst wären die Probleme schnell in den Griff zu bekommen.
Wo wir heute auf Leistung selektieren können und gesunde Tiere züchten, da selektiert man aus Millionen, nicht aus Tausenden. Schlachttiere - Hühnchen - Milchvieh...
Leider ist das mit den Hunden nicht so locker. Nur - gute Zucht braucht auch Masse - ganz egal, was einem das Mitleid vorgaukelt.
Dafür braucht man aber Gesellschaften die bei aktuell laut statistischem Bundesamt 5,3 Millionen Hunde (Ende 2011) auf rund 81 Mill. Menschen in Deutschland nicht von sooooooooo vielen Hunden spricht.
Es stimmt ganz einfach nicht!
Ganz zu schweigen davon, daß wir nicht mehr als rund 1/4tel der Jahresnachfrage als VDH-Rassehunde züchten. Der Rest kommt aus Zufallsnachzuchten und dem Tierschutz. D.h. daß 3/4tel der Hunde GAR NICHT aktiv selektiert werden.
Und dann haben wir wenn es um den Umgang mit Hunden geht noch eine Entwicklung, die es nicht einfacher macht:
Ich behaupte wir Menschen halten nichts mehr aus!
• Wir können nicht mit ansehen, daß ein Hund draußen lebt, weil wir unsere Bedürfnisse auf den Hund übertragen (was albern ist - oder habt Ihr z.B. ein wärmendes Fell am Körper?)
• Wir glauben der Hund müsse ernährt werden wie ein Mensch - 3 Mal am Tag kleine Mengen für den menschlichen Verzehr geeigneter Rohstoffe... Auch so eine irrige Annahme. Hunde sind Hunde, Menschen Menschen! Gesunde Hunde haben einfach andere Voraussetzungen als gesunde Menschen.
• Wir ertragen die Wünsche unserer Hunde nicht mehr und die Tatsache, daß sich Ihre Bedürfnisse nicht ungestraft vernachlässigen lassen. Braucht einer Bewegung um ausgeglichen zu sein, hat man ihm die früher einfach zugestanden - heute glauben Hundehalter, daß ein Hund auch ohne die Befriedigung all seiner Grundbedürfnisse ein ausgeglichener Partner sein müsse.
Das ist einfach (entschuldigt bitte den groben Ausdruck) Humbug.
• Wir stellen unsere eigenen Vorstellungen über die tatsächlichen Signale, die Hunde aussenden - weil wir unsere Qualifizierung sonst in Frage stellen müßten. Es fehlt uns einfach die Bereitschaft zu lernen. Demut ist kein moderner Begriff - und auch sicher nicht meine Stärke.
Könnte Folge der unsäglich überzogenen Ansprüchen sein, die täglich an unsere eigenen Unfehlbarkeit gestellt werden in der Arbeit, als Autofahrer, als Eltern, Tierhalter... Wehe einer ist nicht perfekt - gleich kommt eine Heerschar bissiger Zeitgenossen und sättigt sich an den Brocken des Zerrissenen - Internetmobbing - womit wir wieder beim Thema wären - Mobbing! Und diesmal wie der Begriff unter uns Menschen zu verstehen wäre.
Das Missverständnis der Verhaltensweisen unserer Hunde hat doch ganz wesentlich mit uns und unserem Verständnis zu tun.
Um den Hund zu verstehen, müssen wir nicht nur den Hund wahr nehmen, sondern - ganz wichtig!!! - auch uns selber. Nur wer sich selber kennt, kann die Unterschiede erkennen und entsprechend bewerten. Auch Körpersprache verstehen heißt Parallelen wie Unterschiede zu erkennen und entsprechend der Art/Spezies zu deuten.
Ob wir uns selber wie von manchen gefordert der Sprache von Hunden bedienen sollen... vielleicht besser ein extra Thema.
Ein Hund ist ein Hund, der Mensch Mensch!
Das ist etwas ziemlich anderes.
Nur deshalb denke ich können wir noch über Rasse-Eigenschaften vom Hund reden ohne daß uns die Worte im Hals stecken bleiben!
@ Timido - Schreib nur ein Buch.. Platz ist hier genug -
Als Kapiteleinteilung würde ich die Foren-Rubriken vorschlagen :-)