Eigentlich, glaube ich, habe ich mir über Hundeleinen früher nie viel Gedanken gemacht.
Man braucht so etwas, es muß zweckmäßig sein, also geht man in einen Laden und kauft, was man haben will...
Wieso dann jetzt ein Thema über Hundeleinen?
Nun, weil man halt im Lauf eines Lebens dann doch Erfahrungen sammelt und dann wird etwas, worüber man nie nachgedacht hat doch irgendwie komplexer.
Besser sollte die Frage lauten: Wieso mach ich da erst jetzt ein Thema dazu?
Und dann ist die Antwort nicht mehr ganz so einfach. Wahrscheinlich hab ich es schon so verinnerlicht, daß ich mir
schon wieder keine Gedanken
mehr mache.
Was muß eine Leine? Wozu haben wir das Teil? 1.) Sie muß den Hund festhalten auf mehr Abstand, als wenn wir den Hund direkt am Halsband nehmen.
2.) Die Leine soll dem Hund nicht ohne unser Zutun einen Impuls geben, wohl aber bei Bedarf zum Impuls taugen.
3.) Sie soll aus zuverläßigem Material gemacht sein und sauber, belastbar verarbeitet.
4.) Praktisch soll sie sein, unseren Bedürfnissen entsprechen.
5.) Wenn sie nicht gleich die Welt kostet schadet das nicht.
6.) Vielleicht soll die Leine auch schön sein?
All diese Punkte haben
einen Sinn:
Der Hund soll sicher festgehalten werden können,
um den Hund,
uns
und unsere Umgebung
vor unliebsamen Situationen zu bewahren!
Diesen Satz sollen wir eigentlich alle mal mit eigenen Händen schreiben.
Genau so wie er da steht.
Denn aus dieser Sinn-Beschreibung ergeben sich für die Entscheidung beim Kauf oder auch beim Selbermachen von Leinen klare Qualitätskriterien, die die Auswahl entscheidend beeinflussen. Haben wir vor dem Kauf nachgedacht, sparen wir uns schlechte Qualität oder Fehlkäufe, auch wenn die noch so hübsch wären.
Gehen wir die einzelnen Stichpunkte doch mal durch:
zu 1.)
Festhalten auf Abstand Mein erster Hund war eine Katastrophe an der Leine. Hat gepöbelt, sich zum Drachen aufgespielt. Aber, er ist wirklich sehr gerne streunen gegangen und rechtzeitig vor dem Rückweg mußte ich möglichst unbemerkt den Haken an das Halsband kriegen, um nicht später den Hund suchen zu müssen. Heute wäre so einer eine Katastrophe, damals war das hauptsächlich nervig.
Dann hatte ich einen, da war die Leine eher dazu da, den Mitmenschen ein Gefühl zu geben, daß ich mich an ihre Regeln halte - der Hund selber hätte sie nicht gebraucht, ist nicht davon gelaufen und hat mich auch im ärgsten Getümmel nicht verloren.
Die Windhunde mit ihrer starken Ansprechbarkeit durch optische Reize sind ohne Leine de facto für die allermeisten Menschen nicht sicher zu führen. Ich mache da keine Ausnahme und nein, ich habe auch keinen übermäßigen Ehrgeiz in der Richtung. Meine Hunde sollen folgen lernen, aber bevor ich uns in Grund und Boden richte mit Drill und Idealen, bin ich auch mal locker genug den Hund lieber einfach anzuhängen. Unser modernes Leben am besten noch in dicht besiedelten Gebieten liefert viel zu viel Reize, um einem Sichtjäger ohne Leine da wirklich trauen zu können. Einmal vor's Auto gelaufen reicht, um unglaubliche Schäden zu verursachen. Das geht ganz einfach gar nicht.
zu 2.)
Impuls nur beabsichtigt.
Die Leine soll so beschaffen sein, daß sie den Hund nicht beeinträchtigt oder beeinflusst, ohne daß wir das machen! Die Leine soll nicht ständig am Halsband/Geschirr ziehen, keine schlenkernden Karabiner oder Metallringe etc. im Gesicht oder gar an den Zähnen vom Hund platzieren, nicht ungewollt schwer baumelnd die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Leine ist unser direkter "Draht" zum Hund auch in der Erziehungsarbeit. Wehe, wenn sie da kaputt macht, was wir grade aufbauen wollen. Umgekehrt soll sie aber auch feinste Signale sicher zum Hund transportieren (sic!).
zu 3.)
Zuverläßiges Material belastbar verarbeitet. Auch wenn grade unter den Windhunden viele fast wie eine Feder an der Leine gehen - im Fall der Fälle z.B. eines flüchtenden Hasen können die Kräfte einen Moment lang gewaltig sein. Da müssen Material und Verarbeitung auch nach ein paar Jahren bitte noch ihren Dienst tun. Man gewöhnt sich nämlich auch an einen Gegenstand wie eine Leine gerne wie an gut eingetragene Schuhe und will den nicht so gerne wieder gegen einen neuen tauschen...
zu 4.)
Praktisch Jetzt wird es interessant - was heißt "praktisch"? Jeder hat andere Vorstellungen von seinem Leben, von der Art, wie er sich mit dem Hund in der Welt bewegt. Je nach Lebensentwurf muß eine Leine ganz unterschiedliche Situationen bedienen. Eine Ausstellungsleine taugt nicht, um damit den Hund am Fahrrad zu führen etc.
Ich habe für die Windhunde, die ja vergleichsweise viel Zeit draußen an der Leine laufen, gerne lange Leinen, die sich bei Bedarf einfach und schnell verkürzen lassen und auch eben mal irgendwo fest gemacht werden können.
Zum Aufsammeln der Hundehaufen mit dem Tütchen möchte ich bitte beide Hände frei haben, ohne die Leinen aus der Hand verlieren zu können, nur weil da ein Eichhörnchen über die Straße läuft.
Die Karabiner können auch einfacher oder schwieriger zu bedienen sein - wenn die Finger im Winter mal klamm und kalt sind, merkt man schnell, wenn man sich zu wenig Gedanken gemacht hatte.
Alles Gesichtspunkte, die man vor dem Einkauf mal überlegen soll.
zu 5.)
Preiswert (nicht billig!!!).Preiswert heißt, daß etwas seinen Preis wert ist. So viel darf eine gute Leine kosten. Ist sie gut, brauchen wir dafür nicht notwendigerweise 5 verschiedene. Es kann also sogar billiger werden, wenn wir uns für eine gute Leine entscheiden, die ihren Preis einfach wert ist, statt alle Jahr oder für jeden Zweck eine neue zu brauchen.
zu 6.)
Schön? Ja... schön sein soll sie auch, die Leine für einen schönen Hund - schließlich schauen wir sie uns täglich an und wofür soll das gut sein, daß wir uns den Genuß am Windhund verderben mit einer häßlichen Leine?
Und dann gibt es einen Punkt, den ich bisher nicht angesprochen habe:
Den Aspekt der eigenen Sicherheit.
Eine Leine MUSS so gemacht sein, daß man selber keinen Schaden nimmt bei der Handhabung und auch dem Hund darf bitte kein Schaden entstehen. Zum großen Teil hat das mit der Handhabung der Leine zu tun, aber man soll sich nichts vor machen: Je leichter man sich an, mit oder durch eine Leine verletzt, desto größer die Wahrscheinlichkeit, daß auch mal was passiert.
Große Windhunde wie der Greyhound, von denen mancher Vertreter über 40 kg erreichen kann, sind ausgesprochen kräftige Tiere. In der Beschleunigung aus dem Stand sind sie Weltklasse! Jeder Kompromiss in Sachen Verletzungsverhütung ist wirklich bedenklich. Was mit einem Whippet vielleicht noch gut geht, kann bei einem Greyhound auch Finger kosten. Das soll und kann man vermeiden, indem man sich rechtzeitig Gedanken macht.
Wie es aussieht, wenn man mit der Flexi-Leine Fehler macht, kann (und soll) man sich im Artikel der
Home FurEver Rescue anschauen - die Fotos sind gelinde gesagt eklig!
5 reasons the retractable dog leash is the worst invention, EVER (5 Gründe, wieso die Flexi die schlimmste Erfindung aller Zeiten ist) Erst vor ein paar Tagen hab ich wieder eine Hundesuche eingestellt zu einem Hund, der vor dem hinter ihm am Boden schleifenden Handgriff eine Flexi panisch davon gelaufen ist - immer das Teil auf den Fersen natürlich, ist ja fest gemacht am Hund... . So einen Fall hab ich sogar im Bekanntenkreis erlebt. Das kann ganz böse in's Auge gehen.
Ich weiß, daß es auch unter den Windhund-Haltern welche gibt, die auf die Flexi schwören und auch gut damit umgehen können. Ich will da keine Doktrin aufstellen. Die Stichpunkte oben soll aber bitte jeder für sich durchdenken, Vorteile und Nachteile abwägen und mit Verstand und realistischer Selbsteinschätzung für sich das passende Suchen.
Ich lauf mit einem breiten Bauchgurt und langen, einfach auf die Hälfte zu verkürzenden Leinen.
Die Fettlederleinen gefallen mir gut, sind aber eigentlich zu schwer und damit im Punkt 2 (Impuls) fast so unsinnig wie dauerziehende Flexi-Leinen.
Am wirklich besten haben sich für mich die aus sehr reißfestem, vergleichsweise leichtem Polyestergurtband (Baumarkt) mit guten Karabinern aus dem Pferdebedarf selber gemachten Leinen erwiesen. Da kann ich drei unterschiedliche Längen genauso einstellen, wie drei gleich lange Leinen - und alles immer mit Hüftgurt. Aber auch den Hüftgurt muß man mögen und auch der kann, wenn man die langen Leinen nicht unter Kontrolle hat, im Straßenverkehr oder in der Begegnung mit angreifenden Hunden zur Gefahr werden.
Wie gesagt: Jeder muß zuletzt für sich das passende finden. Einzig unverhandelbar ist der Sinn, den die Leine hat und der eben erfüllt sein muß.